Gerade in der Großstadt fehlt unserem
Körper die Aufmerksamkeit für die Natur, er ist geprägt durch hohes Tempo und
rasante Wechsel, wie es uns die Medien zeigen. Man fühlt sich aus der Bahn
geworfen, ruhelos, aggressiv, nervös. Dabei bleibt oft keine Zeit innezuhalten
und zu spüren, seinen Blick für das Umfeld zu schärfen, die Natur. Die Natur
offenbart ganz andere Rhythmen im Zeitverlauf, wie wir sie gewohnt sind. Wenn
man sich konzentriert und genauer hinschaut, sieht man, dass die Poesie auf der
Straße liegt, in den Bäumen hängt, im Bächlein schwimmt, sie riecht, tropft,
wächst und schmilzt, doch ist sie dabei so leise und zurückhaltend, dass man
sie leicht übersehen kann.
In der Kunst ist Landschaft ein vielbeachtetes Thema, wie zum Beispiel
in Gemälden des 18. Jh., neu jedoch ist, dass die Landschaft und deren
Materialien selbst zur Kunst werden. Dabei werden Boden und Gestein als
autonome Kunstwerke betrachtet, die weder überformt oder umgestaltet werden,
damit sie auch weiterhin als Naturmaterialien wahrgenommen werden.
In der gesellschaftlich turbulenten
Zeit der 60er Jahre entstanden einige Kunstkonzepte, die sich in künstlerischer
Hinsicht als Reaktion auf die Pop Art verstanden, sie wollten der damals
vorherrschenden Kunstauffassung etwas entgegensetzten, denn sie waren dem
Kunststoff und der bunten Bildersprache überdrüssig. Während die Pop Art das
industriell hergestellte Konsumobjekt in den Mittelpunkt ihrer Kunst stellte,
setzten sich die Künstler der Arte Povera und der Land Art mit einfachen
Materialien auseinander. Speziell die Arte Povera verwendete meist nur
natürlich gewachsene Materialien, anders wie zum Beispiel die Minimal Art, die
bevorzugt industriell hergestellte Materialien benutzte, aber besonders den
Raum stark mit einbezog, was auch die Land Art verwendet. Eine weitere
bedeutende Kunstbewegung ist die Concept Art, welche mit der Land Art insofern
verbunden ist, dass selbst Ideen und Entwürfe als Kunstwerke anerkannt werden,
allerdings vermeidet die Concept Art in der Regel die Umsetzung der Idee im
plastischen Bereich, denn allein die Idee ist für sie der Kunstgegenstand.
In den USA wurde 1968/69 dann
der Begriff Land Art eingeführt, der eine Kunstrichtung bezeichnet, in der die
Landschaft zum wesentlichen Bestandteil des Kunstwerkes wird. Die Künstler
wollten sich dem traditionellem Kunstmarkt entziehen, der die Kunstwerke nur
noch als Spekulationsobjekte ansah, und so verließen sie die Museen und
Galerien und suchten bewusst in der Natur ihr Aktionsfeld um sich auf das Wesentliche
zu konzentrieren. Sie entwickelten großräumige Landschaftsprojekte, die dem
Kunstmarkt nicht als vermarktbare Objekte zur Verfügung stehen sollten. Gerade
die unberührte Weite der amerikanischen Landschaft war wie geschaffen für die
ersten Land Art-Projekte. Die Künstler entdeckten das Erhabene der
Landschaft wieder, wie die einsamen Wüsten und Hochplateaus, menschenleere
Seen und Flüsse, aber auch industrielles Brachland und führten direkt vor Ort
einen Dialog mit der Natur und arbeiteten aus ihr heraus. Die Skulpturen wurden
nicht nur einfach in die Landschaft gestellt, sondern entstanden erst gemeinsam
mit ihr. Auch wenn einige Werke gigantische Ausmaßen aufwiesen, so war doch
eines sicher und zwar, dass selbst sie dem unaufhaltsamen Prozess der
Verwitterung und des Verfalls nicht standhalten konnten. Doch ist dies eines
der Grundmanifeste der Land Art, dass ihre Projekte eine gewollte Vergänglichkeit
aufweisen. Für sie ist der Einfluss der Natur auf die Kunstwerke wichtig. Oft
verändern Witterung
und Wachstum der verwendeten Materialien das Kunstwerk, wobei Dynamik und
Prozesshaftigkeit entsteht. Der Aspekt der Vergänglichkeit kann als Widerstand
gegen die Besitzergreifung der, auf Aneignung und Sicherung von Besitz
bedachten, Gesellschaft interpretiert werden. Ebenso wird das traditionelle
Kunstverständnis auf die Probe gestellt. Außerdem findet somit eine Anerkennung
und Bewusstmachung der Zerfallsphase im natürlichen Zyklus des Lebens statt.
Mit dem Hinausgehen in die Natur soll
die Empfindung und Wahrnehmung für diese wieder ermöglich werden, man
soll die Natur charakteristisch erleben und eine Sprache zu ihr finden. Durch
die Industriegesellschaft ist uns die Wahrnehmung eines Naturerlebnisses
verloren gegangen. Mit Hilfe ihrer Kunst wollen die Land Art-Künstler unseren
Sinneseindruck sensibilisieren und den abgebrochenen Kontakt zwischen Mensch
und Natur wiederherstellen, auch sollen Erdmaterialien wieder ästhetisch
wahrgenommen werden. Dabei ist die Landschaft nicht nur der Ort des
Kunstwerkes, sondern nimmt Anteil an diesem. Die Werke der Land Art sind
untrennbar mit physischen Gegebenheiten des Ortes verbunden. Sie sind nicht
vorstellbar ohne die Landschaft und ihre Bedingungen. Die Werke können nicht
einfach wie ein Bild oder eine Skulptur von einem Entstehungsort in eine andere
Umgebung verpflanzt werden, denn sie sind mit dem Ort und seiner eigenen
Geografie vereinigt.
Daneben soll der Betrachter
nicht mehr nur Zuschauer sein, sondern selbst Handelnder. Indem er selbst den
Ort entdeckt und seine eigenen Erfahrungen vor Ort macht, kann Natur direkt
vermittelt werden. Gerade in der Konfrontation mit den Einflüssen der Natur
erfahren die Werke einen Bedeutungswandel, den ein geschlossener
Ausstellungsraum nicht bieten kann, sie sind anders erlebbar und unterliegen
anderen Bedingungen. Oftmals wird aber auch eine Landschaft bzw. ein Ort
ausgewählt, der durch eine extreme Lage für die Rezipienten nur schwer
zugänglich ist und somit auch eigene Erfahrungen vor Ort nicht gemacht werden
können. Um seine Kunst dennoch einem breiten Publikum erreichbar zu machen und
auch zu dokumentieren, wählt der Künstler bildhafte Übertragungsmedien
wie Fotografien, Skizzen, Modelle und Konzepte, die letztendlich aber wieder in
Galerien oder Museen ausgestellt wurden und dem Betrachter keine Möglichkeit
der Wahrnehmung und der Natureindrücke des Betrachtens vor Ort zusichert. Dies
wiederspricht allerdings der Anfangsidee der Land Art-Künstler, die sich vom
kommerziellen Kunstmarkt lösten, da sie die musealen Ausstellungspraktiken und
den Kunstmarkt kritisierten. Die notwendige Sicherung ihrer materiellen
Existenzgrundlage zwang die Künstler letztlich, sich mit namhaften Galerien zu
arrangieren.
Leider werden mittlerweile viele Arten
von Gestaltung im öffentlichen Raum als Land Art deklariert, sofern sie dem
Anschein nach künstlerischen Ansprüchen genügen, jedoch völlig ungeachtet der
vermittelten Inhalte. Auch der Großprojektkünstler Christo wird oftmals zu den
Land Art-Künstlern gezählt, richtig ist, dass er wahrscheinlich viel zur
Popularität der Kunst in der Landschaft beigetragen hat, er aber mehr in die
kunsthistorische Sparte der Neuen Realisten gehört. Was an seinen Projekten so
fasziniert, ist die Veränderbarkeit der Welt, was mit der Arbeitsweise und den
Intentionen der Land Art aber wenig zu tun hat.
Bereits während unseres Studiums haben wir angefangen in der Natur zu arbeiten und dieses fotografisch fest zu halten. Die Werke bestehen schon längst nicht mehr, aber wir möchten euch demnächst gerne mehr davon zeigen! Heute habt ihr Bilder von Naturkunst aus dem Winter gesehen. Diese entstanden auf der Lieblingsinsel von frau kunst!
Kreative Grüße, eure
frau kunst
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