Freitag, 4. März 2016

in der natur unterwegs - land art

Gerade in der Großstadt fehlt unserem Körper die Aufmerksamkeit für die Natur, er ist geprägt durch hohes Tempo und rasante Wechsel, wie es uns die Medien zeigen. Man fühlt sich aus der Bahn geworfen, ruhelos, aggressiv, nervös. Dabei bleibt oft keine Zeit innezuhalten und zu spüren, seinen Blick für das Umfeld zu schärfen, die Natur. Die Natur offenbart ganz andere Rhythmen im Zeitverlauf, wie wir sie gewohnt sind. Wenn man sich konzentriert und genauer hinschaut, sieht man, dass die Poesie auf der Straße liegt, in den Bäumen hängt, im Bächlein schwimmt, sie riecht, tropft, wächst und schmilzt, doch ist sie dabei so leise und zurückhaltend, dass man sie leicht übersehen kann.
In der Kunst ist Landschaft ein vielbeachtetes Thema, wie zum Beispiel in Gemälden des 18. Jh., neu jedoch ist, dass die Landschaft und deren Materialien selbst zur Kunst werden. Dabei werden Boden und Gestein als autonome Kunstwerke betrachtet, die weder überformt oder umgestaltet werden, damit sie auch weiterhin als Naturmaterialien wahrgenommen werden.
 
 
 



 
 
In der gesellschaftlich turbulenten Zeit der 60er Jahre entstanden einige Kunstkonzepte, die sich in künstlerischer Hinsicht als Reaktion auf die Pop Art verstanden, sie wollten der damals vorherrschenden Kunstauffassung etwas entgegensetzten, denn sie waren dem Kunststoff und der bunten Bildersprache überdrüssig. Während die Pop Art das industriell hergestellte Konsumobjekt in den Mittelpunkt ihrer Kunst stellte, setzten sich die Künstler der Arte Povera und der Land Art mit einfachen Materialien auseinander. Speziell die Arte Povera verwendete meist nur natürlich gewachsene Materialien, anders wie zum Beispiel die Minimal Art, die bevorzugt industriell hergestellte Materialien benutzte, aber besonders den Raum stark mit einbezog, was auch die Land Art verwendet. Eine weitere bedeutende Kunstbewegung ist die Concept Art, welche mit der Land Art insofern verbunden ist, dass selbst Ideen und Entwürfe als Kunstwerke anerkannt werden, allerdings vermeidet die Concept Art in der Regel die Umsetzung der Idee im plastischen Bereich, denn allein die Idee ist für sie der Kunstgegenstand.
 

 
 
In den USA wurde 1968/69 dann der Begriff Land Art eingeführt, der eine Kunstrichtung bezeichnet, in der die Landschaft zum wesentlichen Bestandteil des Kunstwerkes wird. Die Künstler wollten sich dem traditionellem Kunstmarkt entziehen, der die Kunstwerke nur noch als Spekulationsobjekte ansah, und so verließen sie die Museen und Galerien und suchten bewusst in der Natur ihr Aktionsfeld um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sie entwickelten großräumige Landschaftsprojekte, die dem Kunstmarkt nicht als vermarktbare Objekte zur Verfügung stehen sollten. Gerade die unberührte Weite der amerikanischen Landschaft war wie geschaffen für die ersten Land Art-Projekte. Die Künstler entdeckten das Erhabene der Landschaft wieder, wie die einsamen Wüsten und Hochplateaus, menschenleere Seen und Flüsse, aber auch industrielles Brachland und führten direkt vor Ort einen Dialog mit der Natur und arbeiteten aus ihr heraus. Die Skulpturen wurden nicht nur einfach in die Landschaft gestellt, sondern entstanden erst gemeinsam mit ihr. Auch wenn einige Werke gigantische Ausmaßen aufwiesen, so war doch eines sicher und zwar, dass selbst sie dem unaufhaltsamen Prozess der Verwitterung und des Verfalls nicht standhalten konnten. Doch ist dies eines der Grundmanifeste der Land Art, dass ihre Projekte eine gewollte Vergänglichkeit aufweisen. Für sie ist der Einfluss der Natur auf die Kunstwerke wichtig. Oft verändern Witterung und Wachstum der verwendeten Materialien das Kunstwerk, wobei Dynamik und Prozesshaftigkeit entsteht. Der Aspekt der Vergänglichkeit kann als Widerstand gegen die Besitzergreifung der, auf Aneignung und Sicherung von Besitz bedachten, Gesellschaft interpretiert werden. Ebenso wird das traditionelle Kunstverständnis auf die Probe gestellt. Außerdem findet somit eine Anerkennung und Bewusstmachung der Zerfallsphase im natürlichen Zyklus des Lebens statt.
 


 
 
 
Mit dem Hinausgehen in die Natur soll die Empfindung und Wahrnehmung für diese wieder ermöglich werden, man soll die Natur charakteristisch erleben und eine Sprache zu ihr finden. Durch die Industriegesellschaft ist uns die Wahrnehmung eines Naturerlebnisses verloren gegangen. Mit Hilfe ihrer Kunst wollen die Land Art-Künstler unseren Sinneseindruck sensibilisieren und den abgebrochenen Kontakt zwischen Mensch und Natur wiederherstellen, auch sollen Erdmaterialien wieder ästhetisch wahrgenommen werden. Dabei ist die Landschaft nicht nur der Ort des Kunstwerkes, sondern nimmt Anteil an diesem. Die Werke der Land Art sind untrennbar mit physischen Gegebenheiten des Ortes verbunden. Sie sind nicht vorstellbar ohne die Landschaft und ihre Bedingungen. Die Werke können nicht einfach wie ein Bild oder eine Skulptur von einem Entstehungsort in eine andere Umgebung verpflanzt werden, denn sie sind mit dem Ort und seiner eigenen Geografie vereinigt.
 
 

  
Daneben soll der Betrachter nicht mehr nur Zuschauer sein, sondern selbst Handelnder. Indem er selbst den Ort entdeckt und seine eigenen Erfahrungen vor Ort macht, kann Natur direkt vermittelt werden. Gerade in der Konfrontation mit den Einflüssen der Natur erfahren die Werke einen Bedeutungswandel, den ein geschlossener Ausstellungsraum nicht bieten kann, sie sind anders erlebbar und unterliegen anderen Bedingungen. Oftmals wird aber auch eine Landschaft bzw. ein Ort ausgewählt, der durch eine extreme Lage für die Rezipienten nur schwer zugänglich ist und somit auch eigene Erfahrungen vor Ort nicht gemacht werden können. Um seine Kunst dennoch einem breiten Publikum erreichbar zu machen und auch zu dokumentieren, wählt der Künstler bildhafte Übertragungsmedien wie Fotografien, Skizzen, Modelle und Konzepte, die letztendlich aber wieder in Galerien oder Museen ausgestellt wurden und dem Betrachter keine Möglichkeit der Wahrnehmung und der Natureindrücke des Betrachtens vor Ort zusichert. Dies wiederspricht allerdings der Anfangsidee der Land Art-Künstler, die sich vom kommerziellen Kunstmarkt lösten, da sie die musealen Ausstellungspraktiken und den Kunstmarkt kritisierten. Die notwendige Sicherung ihrer materiellen Existenzgrundlage zwang die Künstler letztlich, sich mit namhaften Galerien zu arrangieren.
 


 
 
Leider werden mittlerweile viele Arten von Gestaltung im öffentlichen Raum als Land Art deklariert, sofern sie dem Anschein nach künstlerischen Ansprüchen genügen, jedoch völlig ungeachtet der vermittelten Inhalte. Auch der Großprojektkünstler Christo wird oftmals zu den Land Art-Künstlern gezählt, richtig ist, dass er wahrscheinlich viel zur Popularität der Kunst in der Landschaft beigetragen hat, er aber mehr in die kunsthistorische Sparte der Neuen Realisten gehört. Was an seinen Projekten so fasziniert, ist die Veränderbarkeit der Welt, was mit der Arbeitsweise und den Intentionen der Land Art aber wenig zu tun hat.
 
 


 
 
Bereits während unseres Studiums haben wir angefangen in der Natur zu arbeiten und dieses fotografisch fest zu halten. Die Werke bestehen schon längst nicht mehr, aber wir möchten euch demnächst gerne mehr davon zeigen! Heute habt ihr Bilder von Naturkunst aus dem Winter gesehen. Diese entstanden auf der Lieblingsinsel von frau kunst!
 
Kreative Grüße, eure
 
frau kunst

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